Abschied von Portland, der mir aber nicht sooo schwer fiel, denn ich hatte wieder Lust auf Natur und was Neues. Kurz habe ich noch überlegt, ob ich eventuell schnell eine Runde über den Farmers Market drehe, der samstags in der Nähe der Uni stattfindet. Da fährt meine gelbe Bahn hin, also wäre das kein großer Aufwand gewesen, aber halt doch 1,5 bis 2 Stunden.

Auch hier musste ich wieder abwägen, und gewonnen hat… nicht der Markt, sondern das Mount St. Helens National Volcanic Monument. Jep, die Amerikaner können nicht nur National-PARKS, die können auch andere nationale Monumente. Genau genommen war ich allerdings vor allem im Mount St. Helens Statepark, dort liegt das Haupt-Besucherzentrum, relativ nah am Freeway I-5, den ich eh zum Mt. Rainier fahren musste. Den kleinen Abstecher war es definitiv wert!

Wie in wahrscheinlich jedem Visitor Center lief dort ein Film über den Park, hier vor allem natürlich den Ausbruch des Vulkans im März 1980. Schon beeindruckend, was so ein Vulkan in kürzester Zeit alles verändert… im ersten Moment natürlich erstmal zerstört, aber längerfristig sind hier z.B. neue Seen entstanden, der vorhandene Spirit Lake ist jetzt viel größer, und auch sonst haben sich durch die massiven Gesteinsbewegungen viele Strukturen verändert.

Auf dem nächsten Bild ist zweimal ungefähr die gleiche Perspektive zu sehen –
kleines Bild: normal
großes Bild: aufgeblähte „Blase“ an der Seite des Vulkans, kurz vor dem Ausbruch.

Film und Ausstellung waren sehr interessant – und es ist einigermaßen beruhigend, dass es doch Tage und Wochen vorher so einige Warnzeichen gab, bevor der Vulkan wirklich ausgebrochen ist. Ich schlafe nämlich heute auf einem, wörtlich!

Für eine kleine Kaffeepause bin ich dann noch wenige Meilen weiter zum oben erwähnten Spirit Lake gefahren und habe mich dort an einem Bootsanleger in die Sonne gesetzt und die Leute beobachtet, die hier gerade ihre Boote ins Wasser ließen – es ist Samstag, dementsprechend war hier durchaus reger Publikumsverkehr. Ein bisschen Wildlife gabs auch, erst auf dem Highway zwei Rehe, die aber eigentlich zu schnell für’s Foto waren…

… und dann am Wasser…

ein Reiher.

Ein Viertelstündchen später war ich dann wieder im Auto, unterwegs zum nächsten Vulkan. Die Strecke kam mir wieder relativ lang vor, aber nicht langweilig. Komisch, waren wieder nur ca. drei Stunden reine Fahrtzeit… aber die habe ich jedenfalls genossen. Auf Fotos kann man das nicht wirklich sehen, auch ich selbst nicht, aber es gibt wirklich immer wieder was zu sehen, von interessanten Häusern über Autos, Tiere, Deko, Gärten, Straßenschilder… dazwischen dann natürlich auch viel Grün, zur Augenentspannung.

Da es im Mt. Rainier NP keine Tankstelle gibt, wollte ich mit vollem Tank reinfahren, für alle Fälle. Tanken darf man hier übrigens auch wieder selbst, in Oregon wird das normalerweise vom Tankwart gemacht. Ist irgendwie komisch, aber gut, wenn’s hilft… dann bitteschön. Als ich dort letzte Woche betankt wurde, hat sich übrigens der Herr mit dem dicken teuren Auto an der Nachbarsäule geweigert, den Tankwart tanken zu lassen. Warum auch immer. War übrigens kein Tourist, daran lag’s also nicht…

Einmal bin ich noch schnell in einen kleinen Ort gefahren, um noch ein paar Dinge einzukaufen für morgen (eventuell Frühstück, definitiv Mittagessen und Getränke). Der Ort war wirklich klein, aber sehr hübsch, wenn man Vintage mag. Netter kleiner Supermarkt, der ungefähr alles hat… und hier wohnen anscheinend die Schulbusse während der Ferien, aus dem Auto heraus habe ich nur ungefähr die Hälfte auf’s Bild bekommen.

Ein weiterer kleiner Ort, der eh auf der Strecke lag, heißt Elbe und ist nur wenig größer als der Zug, um den sich hier alles dreht. Oder vielmehr: die verschiedenen Waggons, die hier aneinandergereiht stehen. Teilweise Museum, teilweise Restaurant, teilweise Pizzeria und teilweise Motel „Hobo Inn“.

Scenic Railroad und dann so wenig Fenster? Hmmm….

Die Häuser rundherum verteilen sich ungefähr auf diese Länge… dann ist man schon wieder raus aus Elbe. Eine kleine Kirche gibt`s noch, man ist bescheiden, es ist nur „eine der kleinsten“ Kirchen im Land. Sonst nimmt man ja immer gerne den Superlativ her 😉. Der deutsche Name an der Kirche ist mir natürlich sofort ins Auge gefallen, aber nicht nur das, sondern auch auf den üblichen Steinen für Sponsoren / Unterstützer standen ganz schön viele deutsche Begriffe…

Für mich gab’s einen Kaffee, das erste Mal, dass ich mich etwas über den Preis geärgert habe, denn 5$ für einen einfachen Filterkaffee (und den sogar ohne Nachfüllen) habe ich noch nie bezahlt. Dafür bekommt man je nach Ort fast oder ganz einen großen Latte. Naja, egal, „Kaffee in einem alten Zugabteil trinken“ könnte ich dann jetzt auch von meiner Bucket List streichen, wenn es denn draufstünde.

Und schon näherte ich mich dem eigentlichen Hauptziel des Tages – dem Mount Rainier Nationalpark. Noch ein Vulkan, dieser hier aber noch vollständig mit Gipfel und so. Erinnert ihr euch an die Bilder aus Seattle? Moment… das hier:

Der schneebedeckte Berg, das ist Mount Rainier. Dementsprechend hat sich das Klima auch etwas geändert, jetzt gerade im Moment sitze ich mit warmer Strickjacke und Decke vor einem sehr gut angefeuerten Kamin (Foto kommt unten) und hatte auch schon ein wärmendes Getränk mit Schuss.

So ganz genaue Pläne hatte ich nicht, denn ich hatte schon per Webcam und Twitter verfolgt, wie sich die Schneelage hier entwickelt hat über die letzten Wochen. Was man halt so macht, wenn man nicht total vom Wetter überrascht werden möchte.

[Kurzer Exkurs: ich habe in Portland gehört, dass im Yellowstone NP zum Beispiel aktuell der halbe Park gesperrt ist, weil dort Regenfälle und Überschwemmungen durch Schmelzwasser zahlreiche Straßen unpassierbar gemacht haben – ich hab’s jetzt nicht gegoogelt, gehe aber mal davon aus, dass das stimmt. Und dann weiß man das doch besser, bevor man an der Straßensperre steht…]

Planlos scheint also mein neues Konzept zu werden – oder vielleicht auch nicht. Denn irgendwie hatte ich schon eine grobe Idee, was ich machen würde, wenn man denn kann. Im Wesentlichen läuft das bei Nationalparks ja immer relativ ähnlich ab:

Parkeingang fotografieren und dann passieren

Eintritt bezahlen oder Jahreskarte vorzeigen, Karte und Parkzeitung mit aktuellen Infos in Empfang nehmen. Kurz auf die Karte gucken, aber dann eh einfach drauflosfahren und an allen (oder zumindest fast allen, sonst kommt man nie an) Parkplätzen und Haltebuchten anhalten und gucken, was es da zu gucken gibt.

Man kann normalerweise von mehreren Seiten in den Park ein- und um den Berg drumherumfahren, allerdings ist eine davon aktuell noch wegen Schnee gesperrt, und die andere ist nur am Wochenende und nur einspurig (also abwechselnd, sprich: längere Wartezeiten) befahrbar. Ich werde morgen da wieder rausfahren, wo ich heute reingefahren bin, aber vorher noch ein Stückchen die Baustellenstraße austesten.

Mein heutiger Weg führte am Nisqually River entlang, ein momentan relativ überschaubarer Gebirgsfluss, der aber im Frühling und Sommer (und das ist hier halt etwas anders definiert als in anderen Gegenden) durch Gletscherschmelzwasser anschwillt, wie man anhand des doch recht großzügigen Flussbetts und der vielen großen Felsbrocken dort erkennen kann.

Das Wasser sieht nicht nur kalt aus, sondern ist auch eisig. Dazu ist natürlich auch die Luft inzwischen ganz schön frisch da oben, von Haltepunkt zu Haltepunkt wird es kühler. Am Ende komme ich bei 6 Grad an, soviel schonmal vorweg. Während also die Beobachtung von Tieren gar nicht so anders ist als in Afrika, frieren einem hier doch deutlich schneller die Finger ab. Auch die nicht immer klar zu unterscheidende Feuchtigkeit von oben (Regen, Nebel oder Wolke?) hilft nicht unbedingt. Aber es ist trotzdem großartig, die kalte frische Bergluft, das Rauschen des Flusses, die Wolken, die seltenen aber doch vorhandenen ersten Blümchen…

und immer wieder tolle Aussichten, wenn auch nicht so sehr in die Ferne und schon gar nicht in die Höhe. Ich habe keine Ahnung, an welchen Stellen ich den eigentlichen Gipfel hätte sehen können und in welcher Richtung, denn da war einfach nur grau.

Einen kurzen Zwischenstopp gab’s erst am Longmire Inn bzw. dem Shop dort, ich hatte Lust auf einen Snack, und wer weiß, was es da sonst noch tolles geben könnte… gab aber in diesem Fall tatsächlich nichts anderes, was ich meinte zu brauchen.

Bei den Carter Falls, bzw. am Trailhead für die Wanderung dorthin, habe ich mir kurz darauf nochmal ein bisschen die Beine vertreten und bin 100m oder so ins Flussbett gelaufen. Von oben sieht das gar nicht so groß aus, ich habe extra gewartet, bis Leute auf dem Foto waren, damit man die Dimensionen einschätzen kann.

Gefühlt alle paar Meter sieht man einen Wasserfall – überall fließt und tropft Schmelzwasser, aber dazwischen dann halt so richtige schöne Wasserfälle, ganz unterschiedlich, aber alle toll.

Christine Falls:

Narada Falls (ich hätte runterlaufen können, aber da der Weg ziemlich verschneit war, wollte ich das sowie überhaupt die 200 Höhenfuß meinem Knie nicht antun)

Eine Brücke über den Fluss (auch hier – eher ein Flüsschen, aber mit Platz für sehr viel mehr) mit lokaler Fauna:

Zunehmend wurde dann aus grau weiß, erst nur vereinzelte Schneeflecken, dann ein bisschen und dann – zack, Winter.

Dank Webcam wusste ich ja, wie es auf dem Parkplatz aussieht, aber wenn man dann neben der Schneewand parkt, ist es doch nochmal was anderes.

Die Lodge sieht ebenfalls aus wie auf den Bildern – im Prinzip ein Blockhaus, ohne Nägel gebaut, aus lokalen Baumstämmen natürlich. Und der Stil? „Parkitecture“. Das Wort wollte ich unbedingt unterbringen, weil ich es wirklich mag. Die Lodges vor allem in den kühleren / nördlicheren Nationalparks sind nämlich alle nach einem ähnlichen Prinzip gebaut, diese hier in Paradise ähnelt auch tatsächlich sehr der im Yellowstone. Riesige Halle mit Baumstämmen, riesiger Speisesaal, kleine Zimmer (aber wer will hier schon im Zimmer sein?)…

Mein Plan war: Ich buche eine Lodge und werde da so richtig das Lodge-Feeling genießen. Ganz anders als Airbnb oder ein Motel. Also erst ein leckeres Abendessen, möglichst früh, damit ich danach hoffentlich einen Platz am Kamin in der Lobby bekomme. In einem gemütlichen Sessel sitzen, eins der neuen Bücher lesen, einen Drink bestellen, irgendwann wenn das Licht von draußen nachlässt Fotos sortieren und den Blogpost schreiben. Da die Lüftungsanlage hier etwas ungünstig hinpustet, kam noch „vom netten Rezeptionisten eine Decke erbetteln“ dazu, jetzt ist es aber total kuschelig und ich halte es bestimmt noch eine Weile aus – nach immerhin schon drei Stunden. 

Voila, so sieht der Plan dann in der Realität aus – angefangen mit dem grandios leckeren Prime Rib, White-Cheddar-Kartoffelpüree, geröstetem Rosenkohl und glasierten Möhren. Netterweise hat mich die Hostess auch noch an den Tisch direkt am Kamin gesetzt, nicht nur sie fand den am besten von allen Tischen 🙂

Danach ging’s in die Lobby an den anderen Kamin, in einen der gemütlichen Ledersessel:

Ein paar Gedanken noch zu Lodge vs. Airbnb vs. Motel: alles hat seine Vorteile, und genau die Mischung macht den Urlaub u.a. so schön. Airbnb gibt Einblicke in Privathäuser, fühlt sich familiärer an. Motels machen unabhängiger, und man muss auch weniger Rücksicht nehmen. Außerdem haben sie i.d.R. Fernseher – meine Airbnbs und das Tiny House hatten keine, habe ich aber auch nicht ein einziges Mal vermisst. Ich hätte zur Not Filme auf dem Handy, so ist es ja nicht, aber ich konnte mich gut mit lesen, gucken, denken und tippen beschäftigen. Naja, und die Lodge hat so ein altmodisches vor-100-Jahren-war-das-schon-genauso -Gefühl (ok, ohne den Laptop natürlich). Ich würde es genauso wieder machen, von allem ein bisschen. Preislich unterscheiden sich Motels und Airbnb nicht unbedingt, da bin ich ein bisschen nach Verfügbarkeit, Fotos und Lage gegangen. Die Lodge und das Tiny House sind deutlich teurer, aber beide sind es definitiv wert. Für wenige Tage, nicht für drei Wochen.

Das war’s für heute. Ich gucke noch ein bisschen ins Feuer und gehe dann schlafen, in der Hoffnung auf ganz ganz vielleicht morgen blauen Himmel (oder zumindest Wolken, die so hoch hängen, dass man den Berg in Gänze sehen kann – ein Stündchen würde mir schon reichen, ich bin früh wach und flexibel!).