Da mein Knie weiterhin der Meinung ist, dass schmerzfreies Laufen total überbewertet wird, fängt der Tag nicht mit allerbester Laune an. Aber so schlimm, dass ich deswegen missmutig zuhause bleiben würde, ist es nun auch wieder nicht. Also gibt’s mein übliches Frühstück (Brot mit Erdnussbutter und Traubengelee), dann geht’s los mit Bahn und Bus.

Unterwegs mache ich mal wieder ein paar Bilder, z.B. von schönen Wandbildern, dieses hier hatte ich mir extra gestern auf dem Rückweg gemerkt, weil die heutige Fahrtrichtung besser zum Fotografieren geeignet ist. Den Laternenpfahl mit Schild habe ich dann gerade erst gesehen… der gehört nicht zum Kunstwerk, denke ich.

Weedland ist so eine Marke, die sich in anderen Teilen der Welt wohl eher nicht so verbreiten wird…

Einen kurzen Schlenker mache ich durch Chinatown, denn ich bin ein kleines bisschen zu lange in der Bahn sitzengeblieben und musste daher ein Stück zurücklaufen zum Bus. Hier gab es wieder verhältnismäßig viele Obdachlose, eher so auf dem Level wie in Seattle, dazwischen dann aber auf einem Schotterparkplatz drei dieser Luxuswohnmobile in Reisebus-Größe… sehr romantischer Stellplatz…

Mein eigentliches Ziel war aber Sterling Coffee, weil die laut meinem Gastgeber den besten Kaffee in Portland haben. Ja, der war definitiv sehr lecker! Und es war eines dieser Cafés, in denen man sitzen und arbeiten oder (in meinem Fall) lesen konnte, ohne dass man komisch angeschaut oder freundlich gebeten wird, den Tisch zu räumen. Also habe ich da über anderthalb Stunden gesessen und gelesen, Notizen gemacht und mir die Leute angeguckt. Ach ja, und Kaffee getrunken natürlich auch…

Irgendwann war aber erstmal der Kaffeedurst gelöscht und das Buch an einer Stelle, an der man es gut mal eine Weile weglegen konnte. Also auf zur nächsten Station – glutenfreie Leckerbissen für’s Mittagessen kaufen, schonmal vorsorglich, weil es so besser mit den Busverbindungen passte.

Bei „Petunia’s Pies and Pastries“ gibt es ausschließlich glutenfreie Backwaren. Cupcakes, Kuchen, Pies, Zimtschnecken… alles was lecker ist halt. Drei Häuser weiter ist sogar gleich noch eine glutenfreie Bäckerei, die macht aber nur Cupcakes und die sind leider schlechter zu transportieren und aus der Hand zu essen…

Also, Petunia.

Das fällt einfach unter „Dinge, die ich zuhause quasi nie irgendwo kaufen kann“ und löst große Freude aus. Immer wieder. Ich sollte es doch langsam wissen, nach zwei Wochen im Land und auf der x-ten Reise… aber nein, ich bin immer noch überrascht, wie oft und wie selbstverständlich man hier alles bekommt. Das gilt natürlich auch für vegan, vegetarisch und laktosefrei sowieso. Oder auch alles auf einmal, aber das kommt dann später am Tag…

Nach Kaffee und Essen fehlen jetzt noch die Bücher aus dem Titel. Daher ging’s als nächstes zu Powell’s Books, dem weltgrößten unabhängigen Buchladen – und als besonderes Konzept gibt’s da neue und gebrauchte Bücher bunt gemischt, also in den gleichen Regalen. Mit mehr oder weniger Gebrauchsspuren, oft auch unterschiedliche Ausgaben. Da kann man sich dann das mit dem passenden Preisschild selbst aussuchen.

Entsprechend groß ist der Laden, er nimmt einen kompletten Straßenblock ein…

… und die haben sogar eine Faltkarte, damit man sich zurechtfindet… verrückt…

Gut, da hat man dann auch Platz für ein ganzes Regalbrett mit Büchern über Elefanten (und natürlich weitere mit „Africa – aninmals “ und „Africa – travel“ und bestimmt noch weitere)…

oder drei Regalbretter nur mit Lewis & Clark:

Ich war nicht in jeder einzelnen Ecke, aber habe mir dafür meine bevorzugten Themengebiete ganz in Ruhe angeschaut. Wäre da nicht das Transportproblem (und irgendwann sicher auch die Kosten), hätte ich sehr sehr viel mehr mitnehmen können. Am Ende wurden es dann doch nur vier Bücher, das hätte ich fast schlimmer erwartet.

Nach so viel Kopfarbeit… ähm… naja, oder Rücken, denn man steht immer so krumm da, um die Titel lesen zu können – übrigens andersrum als in Deutschland, da müsste man den Kopf ja normalerweise nach links neigen, weil die Buchstabenfüße auf dem Buchrücken nach rechts zeigen, hier ist es andersrum. Ich sehe euch jetzt alle schon den Kopf hin- und herdrehen, um das zu überprüfen… hihi…

Also, Kopf und/oder Rücken sind fertig, jetzt kommt Bauch, nämlich mein Mittagessen. Eine Zimtschnecke und ein Pecan Sticky Bun sind es geworden. Absolute Favoriten, dafür lasse ich jeden Kuchen, jede Torte und jeden Cupcake stehen…

Da nach der Rumlauferei und Rumsteherei mein Knie noch zickiger war als vorher schon, brauchte ich mal eine Sitzpause. Nur kam – anders als gestern – einfach überhaupt kein netter Coffeeshop in Sicht, nicht mal ein nicht-netter. Sehr merkwürdig… als ich gerade in eine Bahn steigen wollte, um in eine mir bekanntere Gegend zu fahren, ist mir aufgefallen, dass ich genau auf der Rückseite eines der Cafés von gestern stehe. Na, dann nehme ich doch einfach das. Dort war der Kaffee gut, mein Knie kann sitzen und sie haben einen Tisch, auf dem ich meine Karte ausbreiten und den weiteren Tag planen kann.

Und nun schlugen zwei Herzen in meiner Brust – ich wollte einerseits gerne noch rumlaufen, es gibt Ecken, die ich nur ganz kurz gestreift habe gestern oder die ich nur beim Umsteigen von der grünen in die gelbe Bahn gesehen habe. ABER ich möchte auch morgen mit dem Knie fahren können und idealerweise zumindest kleine Rundgänge im Mount Rainier NP machen. Nicht wandern, aber vom Parkplatz zum Aussichtspunkt wäre schon schön.

Also ein kleiner Kompromiss – ich fahre mit einer Straßenbahn eine große Runde und gucke, ob’s irgendwo schön ist und ich aussteigen möchte. Falls nicht, dann fahre ich einfach solange weiter, bis ich an einer Umsteigehaltestelle mit der gelben Bahn vorbeikomme, und fahre dann nach Hause für eine kleine Bein-Hochlege-Pause.

Gesagt, getan, ab in die nächste Bahn. So ein Tagesticket ist echt praktisch, da kann man sowas ja auch ganz spontan entscheiden. Und dann auch einfach aussteigen, wenn man an einem Walgreens (sowas wie eine Mischung aus Drogeriemarkt und Apotheke) vorbeikommt, und erstmal einen Kniebandage – oder wörtlich: einen Knie-Ärmel, knee sleeve – kaufen. Und eine Creme gegen die Knieschmerzen. Ich greife mal vor: wenn man sie benutzt, riecht man wie eine ganze Tube Zahnpasta oder sehr viel Menthol-Kaugummi, oder beides.

Übrigens interessant – im Walgreens kann man in vielen Gängen einfach eine Klingel drücken, dann kommt erst eine Durchsage, dass in Gang 22 Hilfe benötigt wird, und kurz drauf kommt ein Mitarbeiter um die Ecke und hilft. Sehr praktisch, denn während ich mich bei deutschen nicht-verschreibungspflichtigen Medikamenten ja zumindest rudimentär auskenne, bin ich hier hilflos. Ich hatte das Wort „Voltaren“ gesehen, aber das war hier sehr explizit nur für Arthritis und hilft nicht gegen Verletzungen und so. Steht drauf.

Die weitere Runde war dann tatsächlich wenig ergiebig, keine netten Geschäfte oder Cafés in Sicht, erst kam die komplette Liste der Fastfood-Läden, dann Bürogebäude, dann ein Convention Center, schließlich die Uni. Aber nichts hat mich gereizt, daher bin ich einfach am Ende in meine gelbe Bahn gestiegen und war kurz darauf zuhause.

Salbe auf’s Knie, Knie auf’s Sofa und in meine neuen Büchern reinschnuppern. Also nochmal den Klappentext und ein paar Seiten, um zu entscheiden, welches ich als erstes lesen möchte. Dann bin ich aber doch ins Bett umgezogen, ich dachte, ein Stündchen schlafen kann auch nicht schaden, schließlich war ich heute ungewollt früh wach. Das Knie mochte nämlich nicht so gerne liegen – jetzt mit Menthol bedampft und mit Aspirin betäubt (das ist da auch drin) ging’s deutlich besser.

Letzter Programmpunkt: Abendessen. Ich hatte von meinen Gastgebern schon die Empfehlung bekommen, dass es in der Mississippi Street in fußläufiger Entfernung ganz viele sehr gute Restaurants und Bars gibt. Fußläufig ist natürlich so eine Sache, wenn das Knie nicht will, aber da es nach der Pause erstmal etwas besser war, habe ich mich getraut. Schließlich wollte ich mir das anschauen und eigentlich thailändisch essen.

Eigentlich – denn direkt an der ersten Ecke, an der ich auf die Mississippi Street gestoßen bin, waren viele Stimmen und Gläser zu hören und es roch lecker nach Essen. Ein Sammelplatz für Foodtrucks (oder Food carts, wie sie hier heißen), auch so eine typische Sache für Portland, die ich gerne machen wollte, aber irgendwie lagen keine auf meinem Weg, oder wenn dann nur einzelne. Ich wollte aber viele mit viel Auswahl und dieser Biergarten-Draußen-Sitzen-Atmosphäre. Und tadaaa – hier ist sie.

Es wurde dann nicht thai, sondern indisch, super-leckeres Lamm-Kichererbsen-Curry, eine Art Korianderpesto, eingelegte Gurken und Tomatenstreifen, Kurkuma-Senfsaat-Krautsalat… Mjam!

Als ich später „außenrum“ zur Mississippi Street gelaufen bin, habe ich auf der Ecke eine deutsche Kneipe gesehen – „Prost!“, eindeutig bayrisch angehaucht, halt das stereotype Deutsch-Bild in Amerika. Ob irgendwo in Deutschland genau dieses Poster als Werbung ins Fenster gehängt würde, weiß ich ja nicht – aber wenn, wäre das für mich eher ein Grund, nebenan zu McDonalds zu gehen oder so… aber da die Amis ja Deutschland immer gerne mit a) Bayern, b) Dirndl, c) einer Mass Bier und d) Nazis gleichsetzen, passt es schon irgendwie.

Stattdessen bin ich die Mississippi Street runtergelaufen, denn ich wollte wenigstens sehen, wo ich hätte thailändisch essen können – und was es sonst noch so gegeben hätte. Tatsächlich gibt es hier so ziemlich alle Küchen mindestens einmal, von Thai über Italienisch, deutsch s.o., Mexikanisch, Jamaikanisch, Burger… und dazwischen dann viel Grün, Gärten, Häuser…

… und ein Laden mit Schaufenstern ganz nach dem Geschmack der weltbesten Neffen:

Hatte ich noch Hunger? Eher nicht, nein. Gibt es trotzdem bestimmte Trigger-Wörter, die mindestens großen Appetit auslösen? JA! Diese hier zum Beispiel:

Die Frau backt glutenfreie Eiswaffeln!

Und dann haben sie auch noch so tolle Sorten, man darf erstmal alles probieren, was man probieren möchte, ich habe mich dann für die beiden Sorten unten rechts im Bild entschieden.

Das ist dann übrigens mal wieder eine KLEINE Portion. Klar. Und ja, natürlich verzerrt die bewusst gewählte Kameraposition das noch ein kleines bisschen, ich weiß 🙂

Nun aber zurück nach Hause, ich muss ja noch einen Blogbeitrag schreiben, und ich möchte das Knie nicht überstrapazieren. Außerdem hatte ich inzwischen alles gesehen und war wieder oben am Ausgangspunkt angekommen, noch eine Runde wäre eh Quatsch gewesen.

Morgen geht’s dann wieder raus aus der Stadt, der Berg ruft. Der Berg bzw. die Lodge dort haben aber kein Internet, also gibt’s den Bericht dann erst mit einem Tag Verspätung, denke ich. Dafür dann natürlich voraussichtlich gleich im Doppelpack…

Und dann war da noch… eine ganz besonders doofe Nachricht aus Deutschland, daher hier eine der gestern nicht benutzten Rosen für Luna und die ganze Luna-Familie… 🙁