Es sind nicht direkt afrikanische Verhältnisse, aber ich stehe trotzdem immer noch sehr früh auf. So ganz ohne Wecker, aber um sechs war ich halt wach. Also habe ich gemütlich Fotos sortiert und verkleinert, vergeblich versucht das Internet zu finden und endlich mal was hochzuladen, und ein erstes Frühstück zu mir genommen.

Ich habe ja noch nicht alle Utensilien am richtigen Ort, und so waren Löffel und Müslischälchen im Auto, während Cornflakes und Milch im Zimmer waren. Man kann aber auch ganz hervorragend Cornflakes aus einem Plastikbecher mit einer Gabel essen – ist sogar praktisch, weil man dann immer genau die richtige Menge Milch pro Bissen dazu trinken kann 🙂

Pünktlich um acht stand ich dann mit vollgepacktem Auto beim Coffee Drive-Through.

Der Eingang zum Nationalpark ist gleich außerhalb des Ortes, und ab da geht es kontinuierlich bergauf, erst durch grün-grüner-am grünsten Wald, dann wird es offener und man hat Blick auf die Berge und die Küste.

Für den Olympic NP habe ich drei Tage eingeplant, so grob einen für die Berge, einen für den Regenwald und einen für die Küste.  Heute stand die Hurricane Ridge Road auf dem Plan. Ich bin ganz gemütlich den Berg rauf gefahren, von null auf 1600 Meter (oder auch: von 16 Grad auf 7 Grad) in ungefähr einer Stunde, mit vielen Fotostopps. 

Das Auto bemüht sich redlich, nicht aufzufallen, kein Problem, denn hier fängt dann auch der Schnee an. Nicht auf der Straße, aber rechts davon (links interessanterweise sehr viel weniger, obwohl ja die Himmelsrichtung eigentlich identisch ist).

Kurz vor dem Ende der Straße liegt das Visitor Center, mit 180-Grad-Blick auf die Berge. Soooo schön… und auch sooooo kalt… aber egal, ich bin vorbereitet und ziehe einfach ein paar zusätzliche Kleidungsstücke an.

Es ist noch nicht besonders viel los – das Visitor Center öffnet erst um zehn, sowohl das unten am Parkeingang als auch das oben auf dem Berg. Ich vertreibe mir die Zeit mit einem kurzen Rundgang, weiteren Fotos, und einem ersten Trail. Naja, er wird als solcher geführt, aber meiner Meinung nach qualifiziert sich alles unter 300 m Länge nicht als Wanderweg…

Alle anderen Wege hier enden nach wenigen Metern im Schnee, und man sieht nicht wirklich, wie der weitere Verlauf wäre, wenn man denn dort durchstapfen wollte. Also bleiben alle Touristen auf den freigelegten Wegen, hier z.B. Blizzard und seine Frauchen, die ich mehrfach getroffen habe. Seine Rasse ist übrigens „the one that you have to love“ – genauer wissen sie’s nicht 🙂

Es ist ziemlich windig hier oben, und so flüchte ich mich erst mal ins Auto und frühstücke. Das glutenfreie Brot schmeckt erstaunlich frisch und fluffig. ich gucke mir die Zutatenliste lieber nicht so genau an, denn irgendwas müssen die da reintun, was im deutschen glutenfreien Brot fehlt… aber wenn ich davon jetzt zwei Pakete im Urlaub esse, wird mir das schon nicht schaden.

Um kurz nach zehn mache ich dann eine kurze Runde durch das Visitor Center, schaue mir den Film an, besichtige die Souvenirs im Shop und entscheide mich, erst mal nichts zu kaufen. Möglicherweise gibt es zwar die eine besonders schöne Tasse in den folgenden Shops nicht mehr, aber dann hab ich halt Pech gehabt. 

Beim Ranger informiere ich mich, welche Trails denn überhaupt aktuell sinnvoll begehbar sind. Denn hier oben liegt, wie man auf den Bildern sehen kann, noch einiges an Schnee. Im Prinzip gibt es nur einen längeren Trail, der hat zwar auch ein paar kurze Stücke mit Schnee, aber das soll mich jetzt mal nicht abhalten. Gesagt getan, 1 Meile weiter bis zum nächsten Parkplatz fahren, Schuhe wechseln (die Wanderschuhe können nicht nur New York und Wüste, sondern auch Schnee), eine Flasche abfüllen und eine Müsliriegel einstecken.

Sehr schön das Schild am Anfang des Trails, das sehe ich später noch mehrfach (also an jedem Trail). Gut, dass ich alle Waffen zuhause gelassen habe… schon sehr amerikanisch, oder hat das jemand in Deutschland schonmal gesehen?

Der Weg führt über 1,6 Meilen pro Strecke und 700 Höhenfüße durch die Landschaft. Er ist ganz gut besucht, aber weit entfernt von überfüllt. Wie das auf so Wanderungen ist, trifft man immer wieder die gleichen Menschen, weil mal der eine eine Lufthol-Pause macht, und mal der andere vorgibt ein Foto zu schießen. Ich auch – also das mit den Fotos 😉

Wie vom Ranger angekündigt ist der Weg fast komplett schneefrei, nur manchmal muss man über einen Schneehügel klettern, und ein Stück von vielleicht 500m ist noch komplett weiß.

Die Aussicht ist durchgehend atemberaubend (und das liegt nicht an der Höhenluft!), die Sonne scheint und die Wolken halten sich die meiste Zeit hinter den Berggipfeln im Hintergrund.

An dieser Bank denke ich erst, es ist der Punkt, an dem ich keine Lust mehr habe. Es ist nicht mehr allzu weit, aber noch mal kräftig bergauf. Und so richtig glaube ich nicht, dass da noch irgendwas Spannendes kommt. 

Ein älteres Ehepaar, das mir entgegenkommt, hat nach eigenen Angaben auch geschummelt und bestätigt, dass man an der nächsten Ecke über den Kamm gucken kann. Na gut, das schaffe ich dann wohl noch. Und Zack, sogar noch vor der nächsten Ecke sehe ich direkt vor mir ein Murmeltier. Beziehungsweise erst realisiere ich gar nicht, dass das braune fluffige Etwas 5m neben mir kein Grasbüschel ist (die gibt’s hier nämlich auch und sie sehen schon sehr ähnlich aus).

Und dann noch eins ein Stück entfernt. Aufgrund der unterschiedlichen Größe würde ich mal tippen, dass das Männlein und Weiblein sind – und dass sie ihn nicht so richtig gut leiden kann. Oder die Paarungsrituale bei Murmeltieren wirken nur so, kann auch sein.

Die sind überhaupt nicht scheu, ich bin vielleicht 2 m entfernt, und ein Stück weiter stehen zahlreiche weitere Touristen.

Durch diese zusätzliche Pause habe ich neue Energie und gehe jetzt doch noch bis ganz oben. Der Blick über den Kamm ist tatsächlich sehr unspektakulär, vor allem weil da einfach eine Wolke ist:

Dafür hat es sich also nicht gelohnt. Aber auch hier oben gibt es noch mal ein Murmeltier, das ist aber relativ zügig unterwegs und hat keine Lust auf Fotos.

In die andere Richtung sieht es besser aus, die Fotos geben das wirklich nicht richtig wieder, da sieht es immer viel düsterer aus. Ich bin aber wirklich froh, dass ich meine 50er-Sonnencreme nicht nur rechtzeitig aus dem Koffer geholt, sondern auch benutzt habe.

Der Rückweg geht wie nicht anders zu erwarten sehr viel schneller, bis auf ein kurzes Hörnchen-Fotoshooting halte ich nur ein oder zweimal an, um ein bisschen die Aussicht zu genießen. Diesmal auch wirklich nur deshalb…

Die Fauna und Flora ist hier oben (noch) relativ sparsam, aber ein paar Blümchen und Tiere habe ich doch noch gesehen:

Nach etwas über 2 Stunden bin ich wieder zurück am Parkplatz und mache mich auf den Weg nach unten. Eigentlich hatte ich vor, in Port Angeles eine Mittagspause einzulegen, aber so richtig habe ich noch keinen Hunger und begnüge mich mit ein paar M&M’s und Weintrauben während der Fahrt.

Ungefähr 30 km weiter (aber immer noch im Nationalpark) liegt Lake Crescent mitten in den Bergen. Wunderhübsch, ein bisschen bereue ich jetzt, dass ich nicht hier die Unterkunft gebucht habe. Allerdings wird man da auch einiges an Geld los, daher gönne ich mir dann doch lieber nur einen Kaffee, sitze entspannt ein Stündchen am Wasser und beobachte die Wellen. Und die Wolken. Und die Enten. Viel mehr gibt es hier nicht… Sehr idyllisch, sehr ruhig, genau so hatte ich mir das vorgestellt.

Hilde ist natürlich mit von der Partie und sitzt wie ich auch an einen sowohl fotogenen, als auch bequemen Baumstamm gelehnt in der Sonne und genießt die Umgebung:

Als es mir da zu warm wird, wechsel ich in einen der super-gemütlichen Stühle und genieße weiter.

Nach der Ruhe wollte ich noch eine kleine Runde laufen – beziehungsweise zwei. Einmal einen sehr kurzen Trail „Moment in Time“ durch den Wald, und dann zu einem Wasserfall (Marymere Falls) in der Nähe. Beides wunderschön, wie schon vor ein paar Jahren in Oregon bin ich total fasziniert davon, wie toll diese Wälder sind. Bäume, Farn, Moos, Blümchen… es riecht frisch und grün, man hört nur Naturgeräusche, gelegentlich trifft man mal Menschen, aber auch hier hielt sich das sehr in Grenzen.

Die Bäume sind wirklich riesig, wenn auch nicht zu vergleichen mit den Mammutbäumen im Redwood Nationalpark… die Stimmung ist aber wirklich sehr ähnlich, das viele Grün ist einfach toll.

In gemütlichem Tempo war ich ungefähr eine Stunde unterwegs, und nach ein paar letzten Minuten Ausblick auf den See ging es dann weiter nach Forks. Ja, Forks, das aus den Twilightbüchern. Ich bin gerade erst am Anfang des Hörbuchs, werde das aber in den nächsten Tagen weiterhören und vermutlich vieles wiedererkennen.

[1 Stunde später] Okay, also laut Hörbuch ist Forks die Stadt in Amerika, in der es am meisten regnet, heute aber nicht. Das Wetter ist ausgesprochen freundlich… Nach einem kurzen Zwischenstopp im Hotel war ich noch kurz einkaufen (in dem Supermarkt, in dem die Protagonistin „vorhin“ auch einkaufen war, also ich hab’s vorhin gehört…), so dass ich heute Abend und morgen Mittag leckeren Belag für Sandwiches habe. Außerdem bin ich einmal bis ans andere Ende der Stadt gefahren, nicht dass das besonders lange dauert. Und Stadt ist natürlich auch hier wieder anders, als man sich das vielleicht vorstellt – in der Mitte der Highway, links und rechts Geschäfte und daneben dann vermutlich Wohnstraßen.

Und da auf das amerikanische Fernsehen Verlass ist, konnte ich den Abend schließlich mit Berieselung durch „Chopped“ ausklingen lassen 🙂