Der Plan heute war: schnelles Cornflakes-Frühstück im Hotel (Frank darf auch einen Bagel essen, klar, Cornflakes nutzen wir als Synonym für das „light continental breakfast“, das die meisten unserer Motels anbieten).
Hat nicht ganz geklappt, dafür haben wir unsere gute Tat für heute getan. Im Frühstücksraum waren heute fast nur Deutsche, ich habe dann mal in die Runde gefragt, ob jemand zufällig gerade seine Reise startet und eine Styropor-Kühlbox haben möchte. Wir brauchen die ja nicht mehr, und wegschmeißen muss nicht sein, wenn sie noch jemand brauchen kann. Ja, das Pärchen, mit dem wir am Tisch saßen, wollte. Also Box holen, Instruktionen geben – offensichtlich waren sie das erste Mal in den USA, weil sie nicht wussten, dass es in jedem Hotel Eismaschinen gibt…
Aber noch viel mehr Zeit hat uns ein älterer Herr gekostet. Er ist 88, mit seiner Frau unterwegs, und sein Autofenster ging nicht mehr zu. Das hat noch ein anderer deutscher Tourist mit ihm geprüft – wirklich, kaputt. Dann ist der ältere Herr an die Rezeption gegangen, ich habe irgendwann seine Frau gefragt, ob er Englisch kann. Nö, kann er nicht. Also habe ich mich angeboten, zu übersetzen. Habe dann mit dem Autovermieter gesprochen, er muss das Auto hinbringen und bekommt ein neues. Problem: er meinte, er würde den Flughafen nicht finden. Oha… und außer yes/no kann er kein Englisch. Na gut, ich habe ihm dann auf der Karte eingezeichnet, wie er zum Flughafen kommt. Ist tatsächlich einfach von hier. Dann fiel ihm ein, dass er nicht weiß, ob er das Zimmer schon bezahlt hat oder nicht. Habe ich auch noch gefragt. Ach ja, und seine Zimmerkarte ginge nicht, ob ich mal… klar, kann ich auch fragen. Und mit ihm dann auch noch ausprobieren.
Er hatte uns sogar gefragt, ob wir ihn zum Flughafen fahren würden, mit seinem Auto, er würde das auch bezahlen. Das mussten wir leider ablehnen, so leid es mir tat, denn das hätte uns ja doch wertvolle Urlaubszeit gekostet. Aber ich hatte ein schlechtes Gewissen… er hat mich an meinen Opa erinnert, der wäre hier genauso hilflos. Keine Ahnung, wie der gute Mann das machen will, hier in SF sind ja noch viele deutsche Touristen, das ist aber nicht immer der Fall. Gut, Hotels buchen geht vermutlich auch mit Kreditkarte hinlegen, in Restaurants kann man auf irgendwas auf der Karte zeigen, tanken wird er auch hinbekommen (obwohl es da diverse Fallstricke gibt, aber er kann ja hilflos gucken und jemanden am Ärmel zupfen).
Jetzt aber wieder zurück zu unserem eigentlichen Tagesplan – mit unserem Rubbel-Los-Ticket haben wir einen Bus bis zur nächsten Cable Car-Haltestelle genommen. Tipp in allen Reiseführern ist, dass man nicht an den Endhaltestellen einsteigt, weil da lange Schlangen stehen. Die Wagen werden immer nur halb voll gemacht (oder nur jeder zweite richtig voll, bin nicht sicher), damit man auch an anderen Haltestellen eine Chance hat, mitzukommen.
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Also sind wir in die Powell-Hyde-Linie sehr gut reingekommen, ohne Wartezeit. Natürlich mussten wir außen mitfahren, erst im Sitzen, dann im Stehen auf den Trittbrettern außen am Wagen. Fühlt sich erst komisch an, aber macht seeeeehr viel Spaß. Vor allem, wenn es dann die richtigen Hügel rauf und runter geht… Kann man nur etwas schlecht fotografieren 😉
An der Endhaltestelle werden die Cablecars von Hand umgedreht, bevor es in die Gegenrichtung weitergeht:
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Erstes Zwischenziel war der Union Square, an dem die letzte verbliebene Bustour startet, der Parks & Beaches Loop. Leider war die Schlange hier ewig lang, wir wären mit dem nächsten Bus gar nicht mehr mitgekommen. Also haben wir erstmal den Walgreens Flaship-Store besucht und ich habe mir einen Kaffee geholt, wir haben kurz von der obersten Etage von Macy’s aus einen Blick auf den Union Square geworfen, dann sind wir ein paar Stationen mit dem Cable Car den Berg hochgefahren, ich bin dann gelaufen und Frank hat auf ein Cable Car zurück gewartet (ich war schneller *g*).
Inzwischen hatte sich eine neue, aber noch sehr kurze Schlange gebildet (der Einweiser hatte uns gesagt, ab wann die nächste Schlange gebildet wird), dort haben wir ein bisschen gewartet, das kostenlose WLAN genutzt und Leute beobachtet.
Die Tour startete dann pünktlich um 12. Das erste Stück war nicht so spannend, das kannten wir im Grunde schon, bis zum Golden Gate Park, den kannten wir nicht. Er ist 20% größer als der Central Park in New York, komplett auf ehemaligen und mit Kuh- und Pferdemist fruchtbar gemachten Sanddünen.
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Fun fact: John McLaren, der den Park geplant und umgesetzt hat, wollte keine Statuen. Da er sich nicht durchsetzen konnte, hat er sie konsequent mit schnell, hoch und dicht wachsenden Bäumen umgeben – damit waren sie aus dem Blickfeld verschwunden. Er war eh etwas renitent und hat sich z.B. 26 Jahre lang geweigert, sich zur Ruhe zu setzen – bis er 96 war!
Die Tour führte bis zu Küste, der Strand ist hier echt beeindruckend breit und eeeeewig lang, bisschen frisch allerdings zum Baden…
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Wie haben den Bus am Stopp „Haights Ashbury“ verlassen. Das ist der Stadtteil mit den ganzen Hippies, oder war es zumindest, da wollten wir mal ein bisschen gucken.
Aber erst gab’s Mittagessen – beim Wholefoods (einem Bio-Supermarkt) haben wir uns Salate geholt und draussen in die Sonne gesetzt. Hier sind wir mit zwei anderen Gästen ins Gespräch gekommen, unter anderem haben wir uns über Erdbeben im Allgemeinen und über das vor drei Wochen unterhalten. Und was finde ich raus? Ich hatte einen Zeitzonenrechenfehler. Ich bin nämlich nachts doch wach geworden und habe das Wackeln gespürt – aber ich hatte das nur in deutschen Medien mit Uhrzeit gesehen, und zwar deutsche Zeit. Fälschlicherweise dachte ich, dass es irgendwann vormittags war… tja, kann ich das auch auf die Liste der Erlebnisse schreiben: Erdbeben – check.
Haight Ashbury hat uns nicht so überzeugt: Hippies waren da eher weniger, dafür viele Obdachlose (davon gibt es überhaupt sehr viele hier in SF) und merkwürdige Gestalten. An jeder zweiten Ecke riecht es merkwürdig (na gut, das ist dann vielleicht ein bisschen hippie-ig?), und es gibt zahlreiche Geschäfte mit Batikklamotten und/oder indisch-tibetisch-fernöstlichem Kram. Naja, haben wir gesehen, reicht dann auch.
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Wir sind die Haight Street weiter runter gelaufen, dann kommt man mehr oder weniger am Alamo Square raus. Die Tourbusse dürfen da seit Kurzem nicht mehr hinfahren, die Anwohner haben das offensichtlich durchgesetzt. Schauen wir uns die Painted Ladies halt zu Fuß an, kein Problem. Selbst die Hügel halten sich hier mal in Grenzen 😉
Die Painted Ladies sind sieben bunte viktorianische Häuser – eins davon nimmt den Namen gerade etwas sehr wörtlich und ist daher eingerüstet, aber sie machen sich schon gut vor dem Hintergrund „SF Skyline“.
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In dieser Gegend gibt es noch ganz viele weitere (teilweise noch deutlich reicher verzierte) solche Häuser, hier hat es uns gut gefallen und wir sind gemütlich im Zickzack zur nächsten Bushaltestelle in Richtung nächstes Ziel gebummelt…
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Nochmal das Ferry Terminal, noch ein cinamon roll – weil die doch sooooooo lecker sind! Zum Ausgleich sind wir dann von dort aus, also von Pier 1/2 (kein Scherz!) zu Fuss bis zum Pier 33 gelaufen, dort legen die Alcatraz-Fähren ab. Wir hatten im Voraus Tickets gekauft, das ist auch dringend nötig, vor Ort oder auch nur kurz vorher sind die normalerweise ausgebucht. Dementsprechend voll war es auch, wir haben ziemlich lange in der Schlange gestanden, die vor allem wohl daher kommt, dass alle durch diese nervigen „Touristen vor Fototapete“-Fotografierstation mussten. Wir haben gleich gesagt, dass wir das tolle Foto für 20 bzw. 30$ nicht kaufen und daher nicht fotografiert werden möchten – wenn, dann bitte vor dem echten Alcatraz, kein Foto vor’m Foto! Die Überfahrt selbst ist relativ kurz, 15 oder 20 Minuten vielleicht. Mit Blick auf die Insel, die Brücken und nach hinten raus natürlich auch auf die Skyline von San Francisco.
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Auf Alcatraz angekommen wurden wir gleich zum Beginn der Audiotour geschickt – dafür muss man erstmal ca. 13 Stockwerke einen Hügel hochlaufen, das ist hier so die gängige Maßeinheit. Habe ich in Deutschland noch nie gehört, klingt a) nachvollziehbarer, aber b) auch eindrucksvoller, oder?
Egal, oben angekommen geht die Schlange einmal rund um den ehemaligen „Ankunftsraum“, in dem die Häftlinge ihre gestreifte Kleidung bekommen und geduscht haben. Die Verteilung der Kopfhörer geht aber sehr schön schnell und effizient, also ging’s bald los.
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Die deutsche Übersetzung ist wirklich gut gelungen, sonst hätten wir auch wieder auf Englisch zurückgeschaltet. Von Station durch Station wird man durch das Zellengebäude geführt, hört von den üblichen Tagesabläufen, besonderen Häftlingen, natürlich auch den Ausbruchsversuchen… sehr interessant! Der Film über den Ausbruch kommt auf die „was wir nach dem Urlaub (nochmal) sehen müssen“-Liste.
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Nach der Audio-Tour sind wir noch in die verbliebenen für den Publikumsverkehr geöffneten anderen drei Ecken der Insel gelaufen, leider ist ein größerer Teil saisonal gesperrt, um den Vögeln der Insel dort Ruhe zu gönnen. Also sind wir mit dem vorletzten Schiff des Tages wieder gen Festland gestartet, Frank an Deck, ich Weichei unten, wo’s warm war.
Zurück an Pier 33 ging es mit etwas Verzögerung – 2 Bahnen waren voll, eine nicht im Dienst – in einem historischen „Streetcar“, sprich Straßenbahn, in Richtung Market Street. Die, die uns schließlich mitgenommen hat, war von 1930 oder so. Anschließend sind wir mit zwei Cablecars zur Lombardstreet gefahren, das ist DAS Fotomotiv (neben der Golden Gate Bridge) in SF, das alle Touristen knipsen. Hier wird diese Ecke der sehr sehr langen Lombardstreet übrigens fast immer „crookedest street“ genannt, die kurvenreichste Straße von SF oder Kalifornien oder der USA oder vielleicht sogar der Welt, ich weiß es nicht genau.
Wir haben das leider nicht bei vollem Sonnenlicht geschafft, aber runterlaufen (anstrengend), Fotos machen und wieder rauflaufen (auch nicht ganz ohne) geht auch danach noch. Wenn man noch ein bisschen wartet, dann gibt’s auch Lombard Street in der Dämmerung:
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Inzwischen war es empfindlich frisch, daher sind wir mit Cablecar und Bus zur Chestnut Street in unmittelbarer Nähe unseres Hotels gefahren. Das hatten wir uns schon gestern vorgenommen, als wir dort aus dem Bus gestiegen waren. Ein klares Ziel hatten wir nicht, außer „Abendessen“. Einfach die Straße langlaufen und gucken, wo es lecker aussieht und/oder riecht. Auf diese Weise sind wir „Blackwood“ gelandet, einem Restaurant mit Thai American Fusion-Küche, also Thai mit amerikanischem Einschlag. Sehr würzige, leckere, sättigende Reisnudeln mit Gemüse, unterschiedlich gewürzt, gute Entscheidung. Nur das Eis in der Cola hätte ich abbestellen sollen – das hat nun wirklich nicht gegen die innere Kälte geholfen.
Damit war der Tag und auch unser Aufenthalt in San Francisco so gut wie zuende. Ab ins Hotel, Koffer packen und wiegen (die Fischwaage, aufmerksame Leser werden sich erinnern, die anderen können bei den Vorbereitungen zu „Rocks’n’Roads“ nachlesen).
Unser Fazit zu San Francisco: Ja, ganz nett, aber irgendwie ist der Funke nicht so richtig übergesprungen. Wir mögen die Golden Gate Bridge, die sieht vor allem bei blauem Himmel oder nachts echt toll aus. Wir mögen auch die Cable Cars und die viktorianischen Häuser und die Market Street, weil die uns an Manhattan erinnert. Wenn es sich ergibt, dann kommen wir bestimmt auch nochmal her, aber es ist nichtmal ansatzweise Konkurrenz zu New York!!