Heute stand mal was ganz anderes auf dem Programm. Kultur, oder eher vielleicht Geschichte. Nach einem kurzen Frühstück am Küchentisch im Airbnb-Haus (hier übrigens der Link, falls ihr euch das nicht nur vorstellen möchtet, sondern Bilder sehen) habe ich mich auf den Weg gemacht und habe mit einem Kaffee in der Hand kurz die Brücke von unten angesehen und einmal auf den Columbia River geguckt.

Danach bin ich zurück nach Washington gefahren. Über die Brücke, die übrigens eine sehr interessante Form hat – auf der einen Seite Bogen für mich, dann ganz lange sehr flach und am anderen Ende geht es extrem steil nach oben. Klar, das hat mit den großen Schiffen zu tun, die drunter durch passen müssen, aber ist trotzdem irgendwie ungewöhnlich. Die Fotos habe ich erst später am Tag gemacht, aber da kann man es am besten sehen… 

Die ganze Brücke, links/vorne ist Oregon, rechts/hinten ist Washington.

Es ging dann ein Stück zurück, im Prinzip wieder nach Long Beach, diesmal aber an das unterste Ende. Dort liegt der Cape Disappointment Statepark (der heute praktischerweise kostenlos ist) und darin ein Lewis & Clark Interpretative Center (also ein Museum). Dazu später mehr…

Um das gleich vor ab zu erklären – Cape Disappointment heißt so, weil irgendein früher Abenteurer nicht mit seinem Schiff in den Fluss fahren konnte, da die Strömung viel zu stark war. Ansonsten ist hier nichts enttäuschend!

Angefangen habe ich nämlich mit dem North Head Lighthouse – es gibt im Stadtpark gleich zwei Leuchttürme, weil die Küste ziemlich verwinkelt ist und man daher den ersten Leuchtturm nicht sehen konnte, wenn man per Schiff von Norden kam. Da der Columbia River hier in den Pazifik fließt und dabei relativ gefährliche Strömungen und Sandbänke produziert, wurde mit einem zweiten Leuchtturm dagegen gesteuert.

Zunächst bin ich an den Leuchtturmwärterhäuschen vorbeigekommen, wie ich später erfahren habe, war das rechte für den leitenden Wärter und die beiden „Doppelhaushälften“ waren für den ersten und den zweiten Assistenten, jeweils mit Familie natürlich.

Über dem Pfad, den auch die Leuchtturmwärter früher genommen haben, läuft man dann direkt auf den Leuchtturm zu. Ich habe erst mal eine halbe Stunde Fotos gemacht, Vögel beobachtet und nach Walen Ausschau gehalten (erfolglos). Auch hier konnte ich zum Beispiel wieder mehrere Bald Eagle beobachten, einer flog direkt am Leuchtturm vorbei. Zwischendurch habe ich mich für eine Tour auf den Leuchtturm angemeldet, da sie jeweils nur vier Personen hoch lassen, konnte ich noch ein bisschen draußen rumlaufen, bis es soweit war.

Blick nach rechts (Norden)
Kormorane kleben an der Felswand… eigentlich habe ich Puffins gesucht, aber die gabs hier nicht. Morgen vielleicht…
Blick nach links (Süden)
Blick nach unten 🙂
In dem Häuschen rechts wurde das Petroleum aufbewahrt – 5-6 Gallonen, also 19-22 Liter davon wurden früher pro Nacht verfeuert.

Als es mir zu kalt wurde, habe ich mich mit der ehrenamtlichen Helferin unterhalten, die im Leuchtturm das Geld kassiert und die Erklärungen unten übernimmt. die Menschen hier sind einfach immer super nett – und sie ist selbst ein großer Fan von Oregon und Washington, kann ich gut verstehen, es ist einfach traumhaft schön hier. 

Die Führung begann unten im Leuchtturm, wie irgendwie nicht anders zu erwarten. Dort wurde aber vor allem auf das hübsche Treppenhaus hingewiesen. Und darauf, dass man das am besten mit Handy im Selfie-Modus von der flachen Hand fotografiert…

Der Architekt (übrigens ein deutscher) hat über 40 Leuchttürme an der Küste gebaut, dieser hier war einer der letzten, offensichtlich hat er bis dahin den Dreh ganz gut raus. Über dreimal 20 normale und einmal 10 steile Stufen ging es nach oben in die Spitze, direkt neben die Lampe.

Dort wartete ein weiterer Freiwilliger, der uns dann alles Wissenswerte zum Leuchtturm erzählt hat. Er hat damit angefangen, dass wir ihm gerne beim Reden den Rücken zu drehen dürfen, das wäre er gewohnt – schließlich könne jederzeit etwas vorbeischwimmen oder -fliegen, das interessanter wäre als er… 

Es flog und schwamm nichts vorbei, die Aussicht war trotzdem super. Vielleicht jetzt nicht unbedingt ganz anders als vom Boden aus, aber es war trotzdem schön dort oben.

Die wichtigsten Fakten, die ich mir gemerkt habe: früher haben drei Leute rund um die Uhr den Leuchtturm bedient, inklusive täglichem Fensterputzen. Heute muss nur alle zehn Monate ein Techniker die kleinen Glühbirnen austauschen. Noch spannender fand ich allerdings, wie klein so eine Glühbirne für einen Leuchtturm ist – trotz der ganzen Linsen und Spiegel hätte ich gedacht, dass das Ding zumindest ein kleines bisschen größer ist. Und dann gibt es auch noch einen automatischen Glühbirnenwechsler, wenn eine durchbrennt, dreht sich das Rad und die nächste Birne wird benutzt (hier steckt natürlich gerade nur eine Birne im Anschauungsmaterial, und eine hat er in der Hand).

Was heißt denn Jetty auf Deutsch? Ich komm einfach nicht darauf, wie die heißen – diese langen Konstrukte, die ins Meer gebaut werden, um normalerweise die Wellen draußen zu halten. Egal, hier heißen sie North Jetty und South Jetty und sorgen vor allem dafür, dass der Columbia River durch einen relativ engen Kanal fließt, das Wasser somit schneller ist und den Sand weiter verteilt, so dass die Fahrrinne frei bleibt. Sie sind 3 bzw. 7 (!) Meilen lang, und die Erbauer haben mit einer interessanten Konstruktion die Steine dorthin gebracht: es wurde erst eine Brücke gebaut, auf dieser fuhr dann eine kleine Eisenbahn mit speziellen Wagons mit Kippvorrichtung, die so lange Steine ins 20m tiefe Wasser gekippt haben, bis irgendwann oben der/die/das Jetty fertig war. Hier die passenden Fotos:

Nach einem kurzen Halt im Souvenir-Shop bin ich ein paar Meilen weiter gefahren, denn jetzt waren endlich Lewis und Clark dran.

Die beiden begegnen mir schon seit Jahren immer mal wieder auf Reisen, auch ihre Expeditions-Tagebücher habe ich vor längerem gelesen. Sie sind auf Geheiß von Präsident Jefferson 1804 von St. Louis aus gestartet, um einen Weg zum Pazifik zu finden. Mit 50 Mann und drei Booten ging es los, es folgten Abschnitte mit Pferden, zu Fuß über Gebirgszüge und weiter mit selbstgebauten Kanus. Das letzte Stück sind sie dann eben den Columbia River runtergefahren, am Ende noch mal aufgehalten worden durch verschiedene Stürme, aber schließlich haben sie es doch bis zum Ozean geschafft. 

Man kann sich das ja nicht direkt vorstellen, ich hole noch mal ein Bild von vorhin raus, das mit der Brücke. Diesmal habe ich markiert, wo sie zunächst aufgrund zu hoher Wellen tagelang festsaßen (rot), wo dann ihr nächstes Lager war, das sie unter Mühen erreicht haben (gelb), und wo der Pazifik ungefähr anfängt (blau)… So weit liegt das alles eigentlich gar nicht auseinander. Aber mit Kanus, im Winter und ohne Straße vielleicht dann doch…

Dabei haben sie nicht nur eine neue Route gefunden, sondern auch zahlreiche Pflanzen und Tiere erstmals dokumentiert sowie viele verschiedene Indianer-Stämme kennengelernt, Teile ihre Sprache niedergeschrieben und Sitten und Gebräuche erforscht…

Ich habe mir im Museum den üblichen Film angeschaut, bin durch die Ausstellung geschlendert und habe auch die Aussicht aus der oberen Etage genossen. Für morgen steht dann ein weiterer Teil Lewis und Clarke auf dem Plan, auf der Oregon-Seite des Columbia River liegt nämlich die Nachbildung des Forts, in dem sie dann den Winter verbracht haben.

Falls euch die Namen Lewis und Clark übrigens irgendwie bekannt vorkommen, aber ihr von diesen Abenteurer noch nichts gehört hattet – vielleicht ist euch die Schreibweise „Lois und Klark“ oder gar  „Lois Lane und Klark Kent“ geläufiger? Es gibt sonst keinen Zusammenhang, aber die Namen von Superman und seiner Freundin sind tatsächlich angelehnt an die beiden Entdecker.

Nach dem Museum habe ich noch ein bisschen in der Gegend rumgeguckt (oder eher: fotografiert). Das ist übrigens der zweite Leuchtturm im Park, Cape Disappointment Lighthouse. Ist tatsächlich etwas disappointing, nämlich lange nicht so hübsch und gepflegt wie der andere. Deshalb, wegen des matschigen Pfades und wegen der fortgeschrittenen Zeit bin ich auch nicht mehr hingelaufen.

Mal wieder ein Bald Eagle, das wird ja schon fast zur täglichen Routine?

Kormorane, diesmal nicht in der Felswand, sondern offensichtlich auf dem… hm… Toilettenfelsen?

So, das war’s mit frühen Entdeckern und Natur, weiter geht es mit anderen Bewohnern von Astoria, bzw deren Haus. Das Flavel House der gleichnamigen Familie ist immer noch das größte Wohnhaus in Astoria (stand jedenfalls auf so einem Schild), und es steht dort seit Ende des 19. Jahrhunderts in typischer Queen Anne Architektur – Dachform, Fensterstil und so… Eine schöne Tour, bzw. man läuft selbst durch ohne Tour, aber die Texttafeln in jedem Raum geben schon einen guten Einblick. 

Es ist nicht genau das selbe, aber ich hatte schon gewisse Assoziationen, nachdem ich gerade sowohl Bridgerton als auch Downton Abbey nicht nur gesehen habe, sondern hier im Urlaub auch viele Folgen der beiden offiziellen Podcasts gehört habe… Das macht es tatsächlich noch sehr viel lebendiger, weil ich mir irgendwie unbewusst bestimmte Figuren vorgestellt habe, wenn dort vom Butler oder Küchenpersonal oder den Töchtern der Familie die Rede war. 

Gleich kommen Lady Edith und Lady Mary runter und trinken Tee, oder?

Lady Hilde genießt jedenfalls ein kurzes Sonnenbad im Garten.

Und hier legen Carson bzw. Thomas die Petersilie auf die Servierplatte, als letzten Schliff

Ein Badezimmer mit Badewanne gabs auch schon, allerdings waren sie da noch nicht drauf gekommen, dass Badezimmer und Hygiene / leicht zu reinigende Flächen irgendwie ganz gut zusammenpassen…

Das nächste ist mehr Bridgerton, das Zimmer, in dem die Damen musizieren…

Das nächste Bild zeigt das Gästezimmer- quasi das Airbnb der damaligen Zeit?

Nach so viel „drinnen“ brauchte ich jetzt ein bisschen „draußen“. Also bin ich zu Fuß eine Runde durch die Stadt gelaufen, die hier tatsächlich den Namen auch verdient. Naja, sagen wir mal Kleinstadt.

Damit jeder weiß, was Sache ist, heißt die Straße mit den Geschäften schon mal gleich „Commercial Street“. Wie praktisch.

Da Sonntag ist, waren tatsächlich sogar ein paar Geschäfte geschlossen, eher ungewöhnlich in den USA. Trotzdem war es nett, ein bisschen durch zu bummeln und sich anzuschauen, was es so gibt. Ich wäre in vielen Läden sowieso nicht reingegangen, andere hätte mich vielleicht interessiert, aber gekauft hätte ich vermutlich auch nichts. Hier ein paar Impressionen:

Ein Laden war dann aber nicht nur geöffnet, sondern auch von Interesse. Wie in dem großen Buchladen in Portland, der noch auf meiner Liste steht, gibt es auch hier gebrauchte und neue Bücher direkt nebeneinander, also im gleichen Regal. Bücher, günstig, Urlaub – ein Garant dafür, dass ich was kaufe… 

Und wahrscheinlich nur in Oregon (ok, Washington genauso) gibt es extra Regale mit Büchern über Drogen(-anbau). Naja. Ich weiß gar nicht, ob ich das an den Seattle-Tagen irgendwo erwähnt habe, aber dort riecht es an jeder zweiten Ecke sehr eindeutig. Je nach Stadtviertel auch an jeder Ecke. Im Nationalpark war das dann kein Ding, also nicht so, dass ich es gerochen hätte jedenfalls. Heute dann kam gelegentlich wieder so ein Lüftchen irgendwoher.

Letzter Tagesordnungspunkt vor dem Abendessen: die Astoria Column. Ich muss später noch mal nachlesen, wer und warum auf die Idee gekommen ist, sie zu bauen. Jedenfalls steht sie auf einem Hügel über der Stadt und zeigt eine bebilderte Stadt(früh)geschichte. 

Natürlich kommen Lewis und Clark wieder vor…

Und ihr Winterquartier Fort Clatsop (merkt euch das für morgen, wahrscheinlich kommt das dann nochmal vor).

… aber auch John Jacob Astor, den ihr entweder aus dem Titanic Film kennt, Oder vielleicht vom Waldorf Astoria Hotel in New York? Jedenfalls dürft ihr dreimal raten, warum Astoria Astoria heißt… genau, JJA war hier gross im Geschäft, ich glaube Pelz? und aber nennt man halt mal eine Stadt nach sich.

Hier gehört jetzt auch endlich das Brückenfoto hin, das oben schon zweimal vorkam. Nur der Vollständigkeit halber isses hier nochmal:

Die Aussicht von hier oben ist auch super, der Blick auf die Brücke nach Washington könnte besser nicht sein (doch, mit blauem Himmel vermutlich schon, aber man kann ja nicht alles haben).

Erst war das Wetter gut…

… dann nicht mehr so sehr.

Auf der anderen Seite des Hügels, auf dem Astoria liegt, wohne ich zur Zeit. Ungefähr bei dem einzelnen dünnen Tannenwipfel ziemlich weit links, und dann fast unten am Wasser. Meine Terrasse geht also nicht auf den Columbia River, sondern auf den Youngs River. 

Hier oben habe ich übrigens gesessen, während ich diesen Text geschrieben habe. Dann muss ich zu Hause nachher nur noch Fotos einfügen, so langsam bin ich da auch wieder in der Blog-Routine und es geht sehr viel schneller als am Anfang.

Zum Abendessen fahre ich gleich wieder runter in den Ort und esse vermutlich Seafood. Nachdem gestern am Strand so viele tote Krebse (na gut, eigentlich eher Einzelteile) rumlagen, muss das hier in der Gegend ja eine Spezialität sein.

[zwei Stunden später] Ich war im Sea Crab House, und der Name war Programm.

Platz mit Aussicht… 

Die Schiffe parken übrigens hier, weil es kostenlos ist (scheinbar nicht der Normalfall) und sie hier z.B. Dinge reparieren können.

Die Karte ist übersichtlich, und außer einer sichtlich wenig überzeugten Dame am Nachbartisch (deren Mann aber wieder dem allgemeinen Trend folgte) hat jeder einen „Boil“ gegessen. Nicht zu verwechseln mit Bowl – das hier ist gekochtes Seafood, wird in einem Beutel an den Tisch gebracht und auf einer Papierunterlage ausgekippt, so dass sich alle am Tisch bedienen können. Ich hatte nur eine Sorte, das reichte völlig – und kann bestätigen, Crawfish können sie hier. Und Maiskolben. Und Pommes.

Und so sieht das Essen dann aus… seeeehr gut! Also auch der Geschmack, nicht nur das Aussehen… die kleinen weißen Stückchen sind übrigens Knoblauchstückchen. Stücke. Viele Stücke. SEEEHR lecker.

Nebenan ist das Lotsen(also Piloten-)Hauptquartier. Und spätestens jetzt, als eins der Boote zurückkommt, hätte ich dann auch verstanden, dass das Lotsen sind. Speziell in der Kombination „Bar Pilot“ hätte ich das vor heute nicht verstanden. „Bar“ ist die Sandbank vor der Flussmündung, um die die Lotsen drumherumlotsen müssen.

Und sowas habe ich auch noch nie gesehen. Containerschiffe – klar. Kohlentransportschiffe auf Rhein oder einem Ruhrgebietskanal – auch klar. Aber Holz, einfach so draufgestapelt? Witzig… sowas fährt hier halt beim Essen am Tisch vorbei.

Und jetzt folgt die Abendroutine, wie immer. Morgen geht’s dann in die nächste Unterkunft, vorher werde ich ein paar Strandorte und -örtchen abklappern, denke ich. Oder Tidepools. Ach, und Fort Clatsop. Freizeitstress? Nö, nur ganz viele Optionen, die ich dann nach Lust und Laune und Wetter auswähle… 🙂